Bermbach, Udo: Mythos Wagner
Kein anderer Künstler wird so verehrt und ist so umstritten wie Richard Wagner. Sein Werk wird immer wieder neu ausgelegt, und bis heute gilt sein Anspruch, den modernen Menschen und seine Zukunft zu deuten. Entlang seiner Biographie und der Geschichte der Bayreuther Festspiele zeigt Udo Bermbach, wie aus Selbststilisierung, Politik und Kalkül der Mythos entstand: wie der Revolutionär Wagner zum Nationalkünstler avancierte, wie die «Ersatzmonarchie» Bayreuth zur Pilgerstätte deutscher Staatsoberhäupter wurde und warum Wagner nicht ohne sein historisches Umfeld zu begreifen ist. -- Richard Wagner ist ein Mythos, nicht nur der Deutschen. Seit über hundertfünfzig Jahren üben sein Werk und sein Leben eine ungebrochene Faszination auf Kultur, Gesellschaft und sogar Politik aus. Wagners künstlerisch revolutionäres Musiktheater hat die Abgründe der modernen Seele ausgeleuchtet und politische Utopien entworfen, es problematisiert den Kapitalismus und wird immer wieder neu gedeutet. Sein Schöpfer wurde zum Gegenstand völkischer Heroisierung, sagenverliebter Idolatrie und klügster Erörterung. Zugleich schafft es Wagner bis heute in die Boulevardpresse, nämlich durch die Festspiele in Bayreuth und ihren gesellschaftlichen Rummel. Udo Bermbach, einer der renommiertesten Wagner-Kenner, zieht nun nach jahrzehntelanger Forschung Bilanz: In einer Mischung aus biographischen und systematischen Beobachtungen werden die Stufen der Entwicklung zum Mythos Wagner nachgezeichnet, zu einem Mythos, der nach Wagners Tod in den Mythos Bayreuth fast nahtlos überging. Wagners eigene Leistungen, seine Selbststilisierungen wie seine Bemühungen um die Popularität seiner Werke sind dabei ebenso Thema wie das Wirken seines Umfelds, von wohlwollender und feindseliger Presse bis hin zu jenen Aktivitäten von Freunden und Gegnern, die ihn alle auf je eigene und durchaus gegensätzliche Weise zu einer exzeptionellen Erscheinung emporhoben. Erzählt wird auch, wie Wagners Erbverwalter nach seinem Tod den Nachruhm des Komponisten für den Mythos Bayreuth nutzten, wie sie Wagners Ideen und Werke auf ihre eigene, vom «Meister» durchaus abweichende Art weiterentwickelten und dabei die Festspiele als den steingewordenen Ausdruck des Mythos Wagner politisch dem nationalistischen, rechtsradikalen, später nationalsozialistischen Lager andienten und eingliederten. Erzählt wird, wie der Mythos braun eingefärbt wurde, bis er mit dem «Dritten Reich» verschmolz. Das glänzende, erhellende Porträt einer Legende - deren Wirkung bis heute ungebrochen ist. «Bermbachs Buch setzt Maßstäbe. Hier ist bereits jetzt ein Pflock gesetzt, der es an Autorität mit so manchen der Wagner'schen Machtsymbole durchaus aufnehmen kann» (Süddeutsche Zeitung). 334 Seiten mit 24 Abb., gebunden (Rowohlt · Berlin 2013)












