Häfner, Ralph: Masken in Gesellschaft
Bacchanale, Bankette, Petit Soupers von Heine bis Rabelais. Heinrich Heine hat in den 'Geständnissen' die »Petits Soupers« zum Ausgangspunkt von Überlegungen über dialektische Prozesse der Gesellschaft gemacht. In der vorrevolutionären Sozialisationsform der intimen Soupers der Libertins erkannte er Möglichkeiten der Entfaltung subversiver wie produktiver Ideen einer künftigen Gesellschaft. Heine, der die Intellektuellenzirkel der Juli-Monarchie in Paris frequentiert hat, denkt an prominente Salons im Ancien Régime die Société d'Auteuil von Madame Helvétius, den Kreis um den Baron d'Holbach oder auch Voltaires Gesellschaft in Ferney. Sie sind Räume des geselligen Müßiggangs und des intellektuellen Vergnügens. Im Ausgang von Heines Zeitgenossen wie Balzac, Nerval, Walter Scott und Gautier geht das Buch den traditionsgeschichtlichen Modellen derartiger Sozialisationsformen von Voltaire bis zu Rabelais nach. Nimmt man die 'Geständnisse' in ihrer anekdotischen Struktur wahr, so eröffnet der Text Kommunikationsräume, die Orte der Muße par excellence sind Räume imaginärer Kommunikation, die das »Gespräch« mit Intellektuellen bis in die Antike zurück bis hin zu Petronius, Horaz und Platon ermöglichte und stimulierte. In einer an intertextuellen und selbstreferentiellen Bezügen reichen Textur schreibt sich Heine in einen der Zeitenfolge enthobenen Denkraum ein, der selbst wieder gesellschaftlich mitunter subversiver Ermöglichungsgrund von Muße ist: Freiheit als Lebensform im Sinne Jean Jacques Rousseaus. Die Untersuchung gliedert sich in acht Kapitel: 1. »Freibeuter in Glacéhandschuhen«: Heine, Balzac und die 'Histoire des Treize'; 2. Victor Bohain und der Intellektuellenzirkel um 'L'Europe littéraire' (1833); 3. »Geständnisse« - Heinrich Heine und die Petits Soupers der 1830er Jahre; 4. Heines imaginäre Bildergalerie und die Masken einer fröhlichen Gesellschaft; 5. Imaginäre Gesellschaften - Nerval und die Intellektuellenzirkel im Ancien Régime; 6. Voltaire, »Voltairianismus« und die Gesellschaft der Geistreichen; 7. »The Bacchanalians«: William Hogarth, Lichtenberg und Platons »Gesetze«; 8. Die Illusion einer freien Gesellschaft: Gracián, Voltaire, Rabelais. 394 Seiten mit 81 Abb., gebunden (Myosotis. Forschungen zur europäischen Traditionsgeschichte; Band 1/Universitätsverlag Winter 2014)












