Möllers, Christoph: Die Möglichkeit der Normen
Über eine Praxis jenseits von Moralität und Kausalität. Daniel Timothy Goering in H-Soz-Kult (Sept. 2016): "[...] ein geniales Buch, das seltene Beispiel einer Schrift, die nicht nur originell, intelligent und ideenreich, sondern auch stilistisch brillant ist. [...] Kurz gefasst geht es darum, eine neue Theorie sozialer Normen zu präsentieren. Was sind Normen? Wie können und sollen sie beschrieben werden? In welchem Verhältnis stehen sie zur faktischen Wirklichkeit? Wie verselbstständigen sie sich? Dies sind Fragen, die dieses Buch umtreiben. Dabei geht es nicht um eine Theorie des Normativen schlechthin. Möllers möchte vielmehr einen Begriff sozialer Normen bestimmen, der stets Tuchfühlung zur Realität hält." - Normen, so könnte man meinen, verlangen stets bestimmte Handlungen oder Unterlassungen und erfordern eine moralische Rechtfertigung. Christoph Möllers bestreitet das und behauptet, dass unser Umgang mit Normen an falschen Erwartungen leidet. Wir überfordern, so seine These, die Praxis des Normativen mit moralischen Ansprüchen und mit Hoffnungen auf Wirksamkeit. Beides verfehlt sie, denn die meisten Normen, denen wir begegnen, sind weder moralisch überzeugend gerechtfertigt, noch haben sie eindeutige Wirkungen. Dies ist kein Zufall, ja, es ist noch nicht einmal ein Problem, denn Normen erfüllen einen anderen Zweck: Indem sie eine bestimmte Möglichkeit des Weltverlaufs kennzeichnen und mit einer Bewertung versehen, erlauben sie es uns, inmitten einer Praxis zu ebendieser Praxis auf Abstand zu gehen und Alternativen zu ihr gegenwärtig zu halten. Dies funktioniert aber nur, wenn Normen eine distanzierende Spannung zur Welt aufbauen und auf Dauer stellen können. Ihre eigene Übertretung zuzulassen, so ein Ergebnis dieses Buches, ist deshalb nicht die geringste Aufgabe von Normen. - "Möllers' Ziel besteht darin, »einen begrifflichen Rahmen für soziale Normen zu entwickeln, der hinreichend weit für unterschiedlichste Phänomene ist, ohne konturenlos zu werden«. [...] Möllers brennt ein solches Feuerwerk an Analysen und Thesen ab, dass die Lektüre seines Buches streckenweise einem intellektuellen Abenteuerurlaub gleicht. [...] Für Möllers liegt die zentrale Leistung von Normativität nicht in Steuerung oder Begründung, sondern - viel grundsätzlicher - in der Bezeichnung und Sichtbarmachung von Alternativen zum bestehenden Weltzustand. [...] Normativität ist demnach eine soziale Praxis, in der sich eine Gesellschaft von ihrer eigenen Realität distanziert; sie stellt »eine Gegenwelt als Teil der Welt« dar" (Michael Pawlik in der F.A.Z.). - "[...] ein überaus anspruchsvolles Werk, eine intellektuelle Herausforderung für die Leser [...]. Die hohe Abstraktion des Textes wird an vielen Stellen durchbrochen durch griffige Beispiele" (Annette Wilmes im Deutschlandfunk). 461 Seiten, gebunden (Suhrkamp Verlag 2015)












