
Bauer, Sybille/Juliane Egerer: Vom Schüler einer christlichen Kolonialschule zum Wotansverehrer
Deutsche Kolonialgeschichte im schriftlichen Nachlass von Wilhelm L. G. Elmenhorst. Der Hamburger Großkaufmannssohn lebte von 1911 bis 1924 in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Sein Nachlass, der hier erstmals analysiert wird, zeigt beispielhaft die Langlebigkeit von nationalistischem, kolonialistischem und judenfeindlichem Denken vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik. - Über die Langlebigkeit von nationalistischem, kolonialistischem und judenfeindlichem Denken: in dieser historisch-skandinavistischen Untersuchung wird erstmalig der schriftliche Nachlass des Hamburger Großkaufmannssohns W. L.G. Elmenhorst (1890-1964) analysiert: Gedichte, Berichte, Briefe, ein Kolonialroman und Erzählungen. Drei Interviews ergänzen diese Quellen. Elmenhorst lebte von 1911 bis 1924 in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Sein Denken ist geprägt von Naturromantik, Antiurbanismus, Germanophilie, Nationalismus, Kaisertreue, Kolonialismus, Rassismus und Judenfeindlichkeit. Den Völkermord an Herero und Nama erwähnt er in seinem Nachlass nicht. Sein Gedicht "Eddische Lieder" von 1920 ist Zeugnis für Legitimation deutscher Herrschaftsansprüche, für Instrumentalisierung und Ideologisierung nordgermanischer Mythen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Elmenhorst sieht sich als Germanen und Nachfahren von Wikingern. Seine Sammlung von Artefakten indigener Völker sendet er dem damaligen Völkerkundemuseum in Hamburg. Nach 1918 prägen Hass auf England, Kolonialrevisionismus und ab 1923 die NS-Ideologie sein Denken. Der Nachlass zeigt beispielhaft die Langlebigkeit von nationalistischem, kolonialistischem und judenfeindlichem Denken vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik. - Aus dem Inhalt: 1. Einleitung. Quellen, Methoden, theoretischer Rahmen und Ziele. - 2.»Die Tropen hatten mich schon lange interessiert«. Diskurse im Deutschen Reich. - 3. »Disziplin, Ordnung und Unterordnung«. Herkunftsfamilie, intellektueller Werdegang und Bildungsweg Elmenhorsts vor 1911. - 4. »Wir haben manche blutge Schlacht geschlagen / Und doch hat deutscher Heldenmut gesiegt!«. Der Blick auf Herero und Nama. - 5. »Doch, wehe Dir England! Es kommt ein Tag!«. Erster Weltkrieg, Versailler Friedensschluss und Nationalsozialismus. - 6. »Ein tiefer Sinn liegt in der alten Sage! / Gar herbe Wahrheit! - Auch für unsre Tage! - «. Elmenhorsts "Eddische Lieder" und Gedichte. - 7. »Ein Herrenvolk saß fest auf eignen Schollen / Und seine Diener waren froh und frei«. Nostalgie, Exotismus und Kolonialrevisionismus. - 8. »Jedenfalls sind wir fertig und werden nicht überrascht wie 1914«. Die Verlagerung der kolonialen Illusionen in den »Generalplan Ost«. - 9. Fazit. - Anhang: Eckdaten zur Biografie von Wilhelm Ludwig Geverhard Elmenhorst. - 299 Seiten mit 15 Farb- und s/w-Abb., broschiert (Wallstein Verlag 2023) leichte Lagerspuren