Masci, Francesco: Antisentimentaler Traktat

Aus dem Französischen von Max Henninger. Über Jahrhunderte entbehrten die von der absoluten Kultur hervorgebrachten Bilder reellen Inhalts, zeichneten sich jedoch durch utopische Versprechen aus. Was geschieht mit einer Gesellschaft, wenn die Bilder dazu mutieren, den Glauben an eine unmittelbare Realität zu verbreiten, einen Fetischismus des "Jetzt" hervorbringen, im Verbund mit der Technik ein künstliches Reelles etablieren? Bisher bestimmten zwei Kräfte unser Leben: die Produktion von Bildern - die »absolute Kultur« - und die Technologie. Beide folgten dem Versprechen der Herausbildung eines »neuen Menschen«, konstituierten eine wirkmächtige, wenn auch fiktive Freiheit. Ihre tiefere, gemeinsame Wurzel ist das Projekt, die Entdeckung des Todes zu überwinden, jenen traumatischen Moment, der die Grundlage der Moderne bildet. Doch ein antimoderner Virus nistet seit ihren Anfängen im Herzen der Moderne, der Mythos, demzufolge sich die Wirklichkeit vor dem Menschen ausbreitet, das unbekannt, dessen Erkundung aber heilsam ist. Von diesem Virus infiziert, hören die Bilder auf in die Zukunft zu weisen und verbreiten den Glauben an eine unmittelbare Realität. Was passiert jedoch mit einer Gesellschaft, in der die Bilder aufgehört haben »so zu tun, als ob«? Eine Gesellschaft, in der die Menschen dazu herausgefordert sind, sich an eine verabsolutierte Realität als Quelle moralischer Gerechtigkeit zu halten, in der aber die Technologie unvermindert ihren Lauf nimmt? Das Buch, eine philosophische Untersuchung über die Unterwerfung der absoluten Kultur unter die Technologie, zeigt den systematischen Zusammenbruch aller abstrakten Strukturen, auf denen das moderne Projekt beruhte. Vor der kommenden Verschmelzung von Technologie und Bildern erhob sich die Realität als letzter gültiger Aberglaube. 159 Seiten, gebunden (Matthes & Seitz Berlin 2021) leichte Lagerspuren

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