
Ästhetische Emotion
Formen und Figurationen zur Zeit des Umbruchs der Medien und Gattungen (1880-1939). Hrsg. von Susanne Knaller und Rita Rieger. 15 Beiträge verfolgen den Gedanken, dass ein Spezifikum der Zeit um 1900 in einem 'emotional turn' besteht, der eine nachhaltige Revision von Gefühlsprogrammatiken bedingt, und beleuchten die ästhetischen Emotionsparadigmen der Zeit aus vielfältigen Perspektiven. Der Band gliedert sich in drei Themenfelder: Theoretisierung ästhetischer Emotion; Emotion als Movens und Medium des Schreibens; Zur Reziprozität von Kunstformen, technischen Medien und Emotion. - Der interdisziplinär konzipierte Sammelband nähert sich den ästhetischen Emotionsparadigmen um 1900 aus unterschiedlichen Perspektiven. Dabei wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass eine der Besonderheiten dieser Zeit ein noch zu wenig von der Forschung zur Kenntnis genommener ›emotional turn‹ ist, der eine nachhaltige Revision von Gefühlsprogrammatiken bedingt. Veränderte Wissens- und Wissenschaftssysteme, die spezifische Evolution technischer Medien und die durch die Avantgarden angestoßenen Entgrenzungsbewegungen von Kunst und Leben wirken auf Kunstformen, literarische Emotionalisierungstechniken sowie Rezeptionsmodi zurück. Anhand von literarischen, programmatischen und theoretischen Texten analysieren die einzelnen Beiträge Realitätsstatus, Handlungsmacht und die kognitiven, moralisch-ethischen und ästhetischen Funktionen von Emotionen für Philosophie, Literatur, Kunst und Film. - Aus dem Inhalt: Susanne Knaller/Rita Rieger: Ästhetische Emotion. Modelle und Paradigmen in Zeiten des Umbruchs der Künste und Wissenschaften. Eine Einleitung. - Nicola Gess: Poetiken des Staunens im frühen 20. Jahrhundert. Brecht, Sklovskij und Benjamin, ihre Theorien der Verfremdung und ein Ausgangspunkt bei Descartes. - Günther A. Höfler: »In allem ästhetischen Verhalten spüren wir uns in besonderem Grade lebendig«. Zu Aspekten von Johannes Volkelts Ästhetik des Tragischen und seiner Gefühlstheorie. - Harro Müller: Lust und Schrecken: Beobachtungen zu Friedrich Nietzsches "Die Geburt der Tragödie". - Jörg Paulus: Gefühlsphänomenologie und Affekthandwerk: Emotionalität in philologischen Programmschriften der 1920er Jahre. - Hans-Georg Pott: Zur philosophischen Anthropologie der Gefühle. - Renate Stauf: »Du bist über mein Herz geschritten«. Das Schreiben der Liebe bei Karl Kraus und Sidonie Nádherný von Borutin. - Toni Tholen: Essayismus des Gefühls: Anmerkungen zum "Liebe Schreiben" bei Musil und Kafka. - Susanne Knaller: Die Lust am Recht. Emotion, Recht und Literatur um 1900. - Rita Rieger: Gegen die Langeweile: Tanz und Sprachhandlungen in Paul Valérys "L'Âme et la Danse". - Mandy Becker: Im Wartesaal. Zu einer epochenspezifischen Stimmung der Weimarer Republik. - Hermann Kappelhoff/Matthias Grotkopp: Das Kino und die ästhetische Refiguration gesellschaftlicher Austauschprozesse : Medienästhetische Neuordnungen des Verhältnisses von Affektivität und sozialer Lebenswelt bei Eisenstein und Vertov. - Sabine Flach: »Die Welt, das sind unsere Empfindungen, sie besteht aus unseren Empfindungen«. Fühlen, Wahrnehmen, Denken - Avantgarde als Laboratorium der Wahrnehmung. - Elisabeth Fritz: "La volonté de chance". Schockierende Bilder in der Zeitschrift "Documents" und das Erkenntnispotenzial des Zufalls. - Anke Hennig: Die Kinoidee Osip Briks und das "emotionale Szenarium". - 370 Seiten mit 15 Abb., gebunden (Germanisch-Romanische Monatsschrift; Beiheft 73/Universitätsverlag Winter 2016)