
Kersting, Wolfgang: Kritik der Gleichheit
Über die Grenzen der Gerechtigkeit und der Moral. Studienausgabe. Reprint der Ausgabe Weilerswist 2002. Die Gerechtigkeit verlangt nach dem bekannten Wort von Aristoteles, Gleiche gleich und Ungleiche ungleich zu behandeln. Wer aber gehört zu den Gleichen und wer zu den Ungleichen? Die Gerechtigkeit hat offensichtlich ein "Kriterien"-problem; der Autor plädiert in seinem Buch entschieden für eine Modernisierung der Ethik. - In seinen sieben Abhandlungen entwickelt Wolfgang Kersting aus der Kritik der herrschenden egalitären Sozialstaatsphilosophie ein liberales Modell des Sozialstaats. Der liberale, subsidiäre Sozialstaat stellt sich nicht mehr in den Dienst der Gleichheitsfürsorge, sondern der Freiheitsfürsorge. Er strebt nicht mehr die Beseitigung aller materiellen Ungleichheiten, nicht mehr den Ausgleich aller zufälligen natürlichen oder gesellschaftlichen Bevorzugungen oder Benachteiligungen an. Während das Freiheitsverständnis der Egalitaristen im Grunde ein negatives ist (insoweit es auf die Vermeidung und Abwehr jeder Art von Kontingenz zielt), erweitert der liberale Sozialstaat den Freiheitsbegriff um die Elemente der Selbstbestimmung und Selbständigkeit. Gerade um des Freiheitsrechts auf ein selbstbestimmtes und selbständiges Leben willen gewährt er für den Fall, dass jemand - aus welchen Gründen auch immer - zur Selbstversorgung unfähig ist, einen Rechtsanspruch auf einen hinreichenden Anteil an den kollektiv erwirtschafteten Gütern. Kersting plädiert entschieden für eine Modernisierung der Ethik, die sich von normativistischen Illusionen verabschiedet; für eine inventive Ethik der aktiven moralischen Gestaltung der Problemfelder, die durch den Prozess der Modernisierung entstanden sind; für eine moralische Rationalität, die - pluralistisch und dissensfähig - die fälligen Entscheidungen im Rahmen einer offenen gesellschaftlichen Diskussion nach demokratischen Verfahrensregeln trifft. 341 Seiten, broschiert (Velbrück Wissenschaft 2005) leichte Lagerspuren