
»Ausgestopfte Juden?«
If it's Jewish we have it! Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Jüdischen Museen. Hrsg. von Felicitas Heimann-Jelinek und Hannes Sulzenbacher im Auftrag des Jüdischen Museums Hohenems. Anlässlich der Ausstellung "'Ausgestopfte Juden?' - Geschichte, Gegenwart und Zukunft Jüdischer Museen" des Jüdischen Museums Hohenems in Kooperation mit den Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen und der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden vom 26. Juni 2022 bis 19. März 2023. - Die Beiträge des Ausstellungsbandes beleuchten Geschichte und Gegenwart der Institution »Jüdisches Museum«, ihre Sammlungen, ihren Kanon und ihre Rolle für die Frage jüdischer Identität - und reflektieren damit die Frage nach ihrer gesellschaftlichen Rolle in der Zukunft. - Jüdische Museen sind nicht nur Vermittler jüdischer Kultur und Geschichte, sondern üben auch Definitionsmacht darüber aus, was »jüdisch« ist oder sein soll. Als der damalige Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, Paul Grosz, vor vielen Jahren gefragt wurde, was er von der Gründung eines Jüdischen Museum halte, stellte er eine bittere Gegenfrage. Ob Jüdinnen und Juden dort »wie ausgestopfte Indianer« bestaunt werden sollten? Weltweit gibt es heute über 120 Jüdische Museen. Allerdings ist bereits die Definition des Adjektivs in ihren Namen keinesfalls einheitlich: Den einen gilt die Institution selbst als eine jüdische, für die anderen ist ihr Gegenstand das Judentum aus höchst diversen Blickwinkeln. Die Frage nach Definitionen und Perspektiven entscheidet maßgeblich über museale Inhalte und Praktiken - und damit auch über die Deutungshoheit des »Jüdischen« in der Öffentlichkeit. Die Beiträge des Bandes, verfasst von international bedeutenden Wissenschaftler:innen und Kurator:innen, nähern sich solchen Fragen nach (Re-)Präsentation von Jüdinnen und Juden im Museum von unterschiedlichen Standpunkten aus: Sie beleuchten Geschichte und Gegenwart der Institution »Jüdisches Museum«, ihre Sammlungen und ihren Kanon - und reflektieren damit die drängende Frage nach ihrer gesellschaftlichen Rolle in der Zukunft. -- Aus dem Inhalt: I. Vorworte/Einleitungen: Hanno Loewy: Vorwort. - Léontine Meijer-van Mensch: Wie relevant sind unsere Museen? Einige persönliche Worte. - Emile Schrijver: Europäische Jüdische Museen in der Krise. - Melissa Martens Yaverbaum: Was ist ein Jüdisches Museum? Aus der Sicht des Council of American Jewish Museums. - Felicitas Heimann-Jelinek/Hannes Sulzenbacher: "Ausgestopfte Juden?" - Martin Kohlbauer: MUSEUMS TAKEOFF. Gestaltungsidee zur Ausstellung "Ausgestopfte Juden?". -- II. Bestandsaufnahmen: Felicitas Heimann-Jelinek/Daniela Schmid: Von der Judaica-Sammlung zum j/Jüdischen Museum. - Inka Bertz: Jüdische Museen in der Bundesrepublik Deutschland. - Reesa Greenberg: Identität und Jüdische Museen. Damals und Heute. - Shelley Hornstein: Identitäten und Architektur. Außen und Innen. - Avril Alba: Jüdische Museen. Das Besondere einbeziehen, das Universelle einprägen. - Jeffrey Shandler: Was macht ein Museum (un)jüdisch? - Micha Brumlik: Jüdische Museen. Eine Heimat für Jüdinnen und Juden? - Mirjam Zadoff: Ein Museum für Leopold Bloom. Jüdische Museen zwischen Partikularismus und Universalismus. - Olga Gershenson: Moskaus Jüdisches Museum und Zentrum für Toleranz versucht jüdische und nationale Narrative zusammenzuführen. - Cilly Kugelmann: Kein Holocaust im Jüdischen Museum. - Barbara Kirshenblatt-Gimblett: Zurück in die Zukunft Jüdischer Museen. -- III. Katalog: Felicitas Heimann-Jelinek/Hannes Sulzenbacher: "Ausgestopfte Juden?" Geschichte, Gegenwart und Zukunft Jüdischer Museen. - Ausgestopft? - Das Jüdische System. - Was ist jüdisch? - Wie ist jüdisch? - Der Ursprung des Jüdischen in der Antike. - Vom Kultobjekt zum Sammlerstück. - Wo die Dinge herkommen. - Was nicht zu sehen ist. - Die jüdische Erfahrung. - Referenzpunkt Israel. - Die Jüdische Frau. - Zwischen Partikularismus und Universalismus. - Die Gegenwart sammeln. - Die Zukunft der Jüdischen Museen. -- IV. Beziehungsgeschichten: Liliane Weissberg: Was bleibt. - Vladimir Vertlib: "Was hat ein Jüdisches Museum mit mir zu tun?" Selbstbetrachtungen eines fremden Juden. - Iskandar Abdalla: Spuren, die sich dem Blick entziehen. Jüdisches "kulturelles Erbe" Ägyptens zwischen Vergessen und Erinnern. - Duygu Özkan: Erinnerungen ins Heute tragen. Als sich am Wiener Ring die Welt verdichtete. - Gottfried Fliedl: Aber ich interessiere mich doch gar nicht für Jüdische Museen! - Alina Gromova: In Zeiten des Krieges. Mit Jüdischen Museen zu mehr Resilienz und Diversität. - Barbara Staudinger: Jüdische Museen - ein einziges Missverständnis? - 431 Seiten mit 143 Farbabb., broschiert (Wallstein Verlag 2022) leichte Lagerspuren