
Dette, Ingmar: Die grundlose Macht
Eine Studie zu Identität und Repräsentation am Beispiel der politischen Ordnung der DDR. Dette rekonstruiert die Ordnungslogik und damit das offizielle Selbstbild der politischen DDR von zwei Seiten her, aus der "offiziellen" Perspektive, wie sie in der der offiziellen Sprache sichtbar wird und aus dem Blickwinkel eines Teils der sogenannten DDR-Opposition, und beleuchtet so die Entstehungslogik eines alternativen politischen Bewußtseins. - Der Autor sucht nach einer plausiblen politikwissenschaftlichen Erklärung für den Zusammenbruch des politischen Systems der DDR. In diesem Band legt er eine eigene Beschreibung für den von Winfried Thaa erwähnten Vorgang der Entleerung der sozialistischen Zielkultur vor. Dabei richtet der Autor seine Aufmerksamkeit auf zwei Phänomene, welche die politische Ordnung der DDR bis zu deren Ende kennzeichneten, den permanenten Mangel und die innere Unordnung. In der Auseinandersetzung mit parteioffiziellen und dissidentischen Äußerungen sowie in der Betrachtung des ostdeutschen Gründungsmythos wird der politischen Verfasstheit der DDR eine grundlegende Unstimmigkeit nachgewiesen, die sich exemplarisch in der Unfähigkeit zur angemessenen Verortung der Macht innerhalb der politischen Ordnung zeigt. Sowohl der grundlegenden Unstimmigkeit der politischen Ordnung als auch dem daraus resultierenden Defizit entspricht eine schon von Dolf Sternberger beobachtete Gier nach Zustimmung, die auf den erwähnten Mangel verweist. Ingmar Dettes Untersuchung beschreibt den Zerfall der auf Einmütigkeit und Einheit angelegten politischen Ordnung der DDR mit Blick auf deren Konstitutionslogik als Folge eines realen Mangel erzeugenden, symbolischen Tauschverhältnisses von Dank und Vertrauen. - Ingmar Dette in den Präliminarien: "In meiner Arbeit unternehme ich den Versuch, die Ordnungslogik der politischen DDR und damit das offizielle Selbstbild der DDR von zwei Seiten her zu rekonstruieren. Zum einen aus der "offiziellen" (also: sozialdominanten) Perspektive, die sich in der offiziellen Sprache der DDR, in parteioffiziellen Verlautbarungen erlesen läßt. Zum anderen aus dem davon abgesetzten Blickwinkel eines Teils der sogenannten DDR-Opposition, die zu dem offiziellen Selbstbild in einen Widerspruch trat. Ausgehend von der [...] Annahme, daß jeder politischen Kultur ein bestimmtes handlungsrelevantes und Wirklichkeit prägendes Ordnungsverständnis eingeschrieben ist, versuche ich dieses Verständnis von politischer Ordnung aus den untersuchten Texten zu extrahieren. Mit diesem Vorgehen hoffe ich auf die gemutmaßten Bruchstellen im Ordnungsgefüge zu stoßen, die ausweislich des Legitimitätszusammenbruchs der SED im Jahr 1989, im Zusammenhang der diese Ordnung tragenden, handlungsorientierenden Vorstellungen offenkundig bereits vorgängig angelegt waren. Meine Vorgehensweise ist darum wesentlich rekonstruktiv. [...] Mein Forschungsinteresse richtet sich dabei nicht so sehr auf die Frage nach den Ursachen für den Zusammenbruch, sondern auf die Konstitutionslogik der politischen Ordnung, um von dort ausgehend nach der Entstehungslogik eines alternativen politischen Bewußtseins zu fragen". - Aus dem Inhalt: 1. Das Politische und die politische Kultur; 2. Forschungsstand/Opposition; 3. Friedensgruppen in der DDR; 4. Vertreter einer Friedensethik: Heino Falcke; 5. Der Terminus "Frieden" in der offiziellen Sprache der DDR; 6. Der innere Frieden oder: Wo ist das "Wir"? 7. Identität und Repräsentation; 8. Indizien; 9. Der innere Frieden; 10. Das offizielle Selbstbild in der Aufnahme durch die Dissidenten; 11. Das Politische der Dissidenten. - 303 Seiten, broschiert (Acta Politica; Band 9/Königshausen & Neumann 2012) leichte Lagerspuren