
»Fremde« Wissenschaftler im Dritten Reich
Die Debye-Affäre im Kontext. Hrsg. von Dieter Hoffmann und Mark Walker. Ausgehend vom Fall des Physikers und Nobelpreisträgers Peter Debye (1884-1996), gegen den postum der Vorwurf erhoben wurde, sich zum Handlanger der Nationalsozialisten gemacht zu haben, analysieren die 17 Beiträge des Bandes Situation und Handlungsspielräume ausländischer und rassisch verfolgter Wissenschaftler im Nationalsozialismus. Die Beiträge untersuchen die wissenschaftlichen und politischen Kontexte im Leben und Werk von Peter Debye und kontrastieren seine Biographie mit Lebensläufen anderer Wissenschaftler, die im Dritten Reich wirkten, wie auch mit jüdischen Physikern wie Lise Meitner und Hartmut Kallmann, die von den Nationalsozialisten zu »Fremden« im eigenen Land gemacht wurden. Das Spektrum dieser kritischen Untersuchung schließt auch Forscher und Institutionen ein, die unter den Bedingungen der deutschen Okkupation wirkten. Der Band gliedert sich in vier Kapitel: 1. Peter Debyes Kontexte; 2. Ausländische Forscher, die ihren Lebens- und Forschungsmittelpunkt in Deutschland hatten; 3. Forscher, die aus rassistischen oder politischen Gründen verfolgt und Fremde im eigenen Land wurden; 4. Ausländische Wissenschaftler, die für die deutsche Besatzungsmacht in den besetzten Gebieten wissenschaftlich arbeiten mussten oder als Kollaborateure wirkten. - Aus dem Inhalt: Dieter Hoffmann/Mark Walker: Einleitung: Peter Debye, die Debye-Affäre und andere »fremde« Wissenschaftler im Dritten Reich. - Sybe Izaak Rispens: Einstein und Debye. - Horst Kant: Peter Debye als Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik in Berlin. - Stefan L. Wolff: Das Vorgehen von Debye bei dem Ausschluss der »jüdischen« Mitglieder aus der DPG. - Martijn Eickhoff/Friso Hoeneveld: Ein bisschen mitgemacht? P.J.W Debye und sein Aufstieg als Wissenschaftler und Wissenschaftsorganisator im Dritten Reich. - Ulf Hashagen: Ein griechischer Mathematiker als bayerischer Professor im Dritten Reich: Constantin Carathéodory (1873-1950) in München. - Georgy S. Levit/Uwe Hossfeld: Grenzüberschreitungen im Leben des russischen Biologen Nikolaj Vladimirovic Timoféeff-Ressovsky (1900-1981). - Reinhard Siegmund-Schultze: Bartel Leendert van der Waerden (1903-1996) im Dritten Reich. Moderne Algebra im Dienste des Anti-Modernismus? - Burghard Weis: Schweizer unter dem Hakenkreuz. Walter Dällenbach (1892-1990), Alfred Schmid (1899-1968) und die Rüstungsforschung des Dritten Reiches. - Michael Eckert: Paul Peter Ewald (1888-1985) im nationalsozialistischen Deutschland. Eine Studie über die Hintergründe einer Wissenschaftleremigration. - Ruth Lewin Sime: Von der Emigration zum Exil: Lise Meitner (1878-1968) und Marietta Blau (1894-1970). - Stefan L. Wolff: Hartmut Kallmann (1896-1978). Ein während des Nationalsozialismus verhinderter Emigrant verlässt Deutschland nach dem Krieg. - Jens-Christian Wagner: Zwangsarbeit für die V2. - Dirk van Delft; Verhinderung eines Raubes. Das Leidener Kamerlingh-Onnes-Laboratorium im Zweiten Weltkrieg. - Florian Schmaltz: Luftfahrtforschung unter deutscher Besatzung. Die Aerodynamische Versuchsanstalt Göttingen und ihre Außenstellen in Frankreich im Zweiten Weltkrieg. - Stephan Schwarz: Naturwissenschaft und Technik im besetzten Dänemark. Das Niels-Bohr-Institut und sein Umfeld. - Sven Widmalm: Selbstporträt eines Weggefährten. Hans von Euler-Chelpin (1873-1964) und das Dritte Reich. - 510 Seiten mit 37 Abb., broschiert (Wallstein Verlag 2011) leichte Lagerspuren