
Paradoxien der Wiederholung
Hrsg. von Robert André und Christoph Deupmann. Wo immer Identität zu begründen versucht wird, kommen Praktiken der Wiederholung ins Spiel. Jeder Akt der Wiederholung im Bild, im Mythos, in der Erzählung trägt jedoch eine Abweichung in das Identitätsschema ein, und durch ihre bloße Form unterminiert die Wiederholung die Originalität dessen, was doch als Ursprüngliches bestätigt werden soll: Geschlecht, Ideologie, Religion oder Nation. Umgekehrt droht immer dann, wenn Denken oder Kunst ein ganz und gar Nichtidentisches ermöglichen wollen, die Befangenheit im Wiederholungszwang. Verfügbar ist die Wiederholung offenbar nie. Die einzelnen Beiträge analysieren diese Paradoxien vorzugsweise dort, wo Literatur, Geschichte, Psychoanalyse und Philosophie einander kreuzen. Aus dem Inhalt: Corinna Mieth: "Politeiôn zôgraphos". Idealstaatskonstruktion vs. Dichterkritik in Platons "Politeia". - Robert André: Double Götz. - Steffen Schneider: Die Mythologie der Schrift. Zu Heines "Nordsee"-Texten. - Alfred Gall: Erzählte Geschichte. A.S. Puskins "Boris Godunov" als Reflexionsmedium historiografischer Sinnstiftung in N.M. Karamzins "Geschichte des Russischen Reiches". - Christian Huck: Die Wieder-Geburt der Nation. Literatur und Nation in der Irish Renaissance. - Baal Müller: Konservatismus als erotische Ironie. Zur Poetik der Differenz in Thomas Manns "Betrachtungen eines Unpolitischen". - Achim Stricker: "Wir kehren immer zum Wasser zurück." Erinnern, Wiederholen und Verdrängen in John von Düffels Romanen "Ego" und "Vom Wasser". - Ulrike Stiens: "Aber was so unverstanden geblieben ist, kehrt wieder." Zum Verhältnis von Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten in Angela Carters "The Infernal Desire Machines of Dr. Hoffman". - Andrea Geier: "...wenn man es logisch zu Ende denkt, zieh ich mich selbst hier aus." Imaginationen des Geschlechtertauschs und erotische Geschlechterverwirrung in Bodo Kirchhoffs "Der Ansager einer Stripteasenummer gibt nicht auf". - Christoph Deupmann: "Es gibt keine Spur mehr jenseits der Speicher." Zur Paradoxie von Sehen und Erzählen in Thomas Hettches Roman "Nox". XV,214 Seiten, gebunden (Neues Forum für allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Band 17/Universitätsverlag Winter 2003)