Codex und Geltung
Hrsg. von Felix Heinzer und Hans-Peter Schmit. Welche Rolle spielt der mittelalterliche Codex als materielle oder auch nur virtuelle - imaginierte - Instanz für die Autorisierung von Texten, und in welchem Maß kann der Codex umgekehrt selbst zum Objekt von Aufwertung und Autorisierung werden? Sieben Beiträge gehen diesen Fragen nach. Die Fokussierung auf Geltungs- und Auratisierungsaspekte des dominierenden Trägers mittelalterlicher Textkultur legt auch gegenläufige Phänomene frei: Aspekte der Infragestellung und Relativierung oder gar der Fragmentierung und damit des Geltungsverlustes bis hin zur Aufhebung und Zerstörung des Codex. Noch im Prozess der Auflösung eines Codex konnte ihm bzw. Teilen davon durch ein gezieltes "Recycling" indes auch fortdauernde Geltung in veränderten Kontexten - sozusagen jenseits des ursprünglichen Codex - verliehen werden. Die Beiträge stehen in einem dezidiert interdisziplinären Rahmen, der die Bereiche von Geschichte, Germanistik, Byzantinistik, Kunstgeschichte, Liturgiewissenschaft und Musikwissenschaft umfasst. Dabei werden inhaltliche Aspekte gezielt mit Fragen nach Materialität und Medialität der Überlieferungsträger in Verbindung gebracht; zumindest ansatzweise eröffnen sich auch Seitenblicke über die Grenzen des abendländisch-lateinischen Mittelalters hinaus sowie diachrone Perspektiven bis in die (frühe) Neuzeit hinein. - Die Beiträge gehen zurück auf ein Arbeitsgespräch des Mediävistischen Arbeitskreises am 4. und 5. November 2010 in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, das nach den Tagungen von 2006 ("Codex und Raum") und 2008 ("Codex im Diskurs") den Abschluss einer dreiteiligen Folge von Veranstaltungen zu Geschichte und Theorie der vormodernen Buchhandschrift markierte. - Aus dem Inhalt: Felix Heinzer/Hans-Peter Schmit: Codex und Geltung. Einleitung. - Klaus Graf: Codexmythen und Codexphantasien. - Andreas Haug: Der Codex und die Stimme in der Karolingerzeit. - Christoph Mackert: Geltungszeichen. Manifestationen der Wertschätzung kodikaler Überlieferung im Handschriftenbestand der Universitätsbibliothek Leipzig. - Patrizia Carmassi: Steigerungsstrategien von Geltungsansprüchen liturgischer Handschriften am Beispiel eines Codex aus dem Halberstädter Domschatz (Inv.-Nr. 45). - Monika E. Müller: Von der künstlerischen Vorlage zum Modell. Strategien der Nobilitierung und der Modellbildung in der Hildesheimer Buchmalerei des 11.-13. Jahrhunderts. - Martin Borchert: Inszenierungen und Wertungen kodikaler Geltungsansprüche in Byzanz. - Sabine Griese: Exklusion und Inklusion. Formen der Überlieferung und des Gebrauchs von Literatur im 15. Jahrhundert. -- Farbtafeln; Verzeichnis der erwähnten Handschriften und frühen Drucke; Orts- und Personenregister. - 211 Seiten mit vier Textabb., 8 Farb- und 28 s/w-Tafeln, gebunden (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien; Band 30/Harrassowitz Verlag 2015)












