
Die Entdeckung der Nacht
Wirklichkeitsaneignungen im Prozess der europäischen Aufklärung. Hrsg. von Helmut Hühn und Verena Krieger. Dunkelheit und Nacht werden in der bildenden Kunst, Literatur und Philosophie des 18. Jahrhunderts intensiv reflektiert. 14 Beiträge untersuchen die an der Nachtdarstellung sich entfaltenden Spannungen und Konflikte vor dem Hintergrund der Selbstverständigungsprozesse der europäischen Aufklärung. Dabei steht die Korrelation von künstlerischer Vergegenwärtigung der Nacht und epistemischer Erkundung der Wirklichkeit im Zentrum des interdisziplinären Erkenntnisinteresses. Die Beiträge gehen in der Mehrzahl auf die gleichnamige Tagung der Forschungsstelle Europäische Romantik zurück, die anlässlich des 60. Geburtstags von Prof. Dr. Reinhard Wegner an der Friedrich-Schiller-Universität Jena stattgefunden hat (06.06.2013-07.06.2013). - In den aufgeklärten Wissenschaften werden zunächst vor allem Bedrohungen durch die Nacht thematisiert, der Dunkelheit wird der Kampf angesagt. Um 1800 vollzieht sich ein Wandel, in dem die Aufklärer ihr eigenes Programm der Erkenntnisgewinnung kritisch reflektieren. Gewonnen wird die Einsicht, dass alles Helle und Offenbare auf einer dunklen Basis aufruht, die die Grenzen menschlicher Welt- und Selbsterkenntnis markiert. Sie wird bis in die Gegenwart grundlegend für die künstlerische Verarbeitung von Nacht und Dunkelheit. - Aus dem Inhalt: Helmut Hühn: Ausgeburten der Nacht. Einleitung. - Dieter Blume: Nachtbetrachtungen vor der Aufklärung. - Britta Hochkirchen: Das opake Bildverständnis der Aufklärung. Jean-Baptiste Greuzes "La cruche cassée". - Alexander Rosenbaum: »Ein glückliches Bild«. Johann Heinrich Meyers Entwurf "Triumph der Aurora" (1786/91). - Tilman Schreiber: »Fruchtbare Gebärerin aller Dinge«. Zu Bedeutung und Interpretation der Nacht und ihrer Kinder in Karl Philipp Moritz' "Götterlehre". - Johannes Grave: Flächiger Grund und abgründige Tiefe. Zu den Nachtseiten des Bildes in Goyas "Flug der Hexen". - Max Pommer: »Es ist kein unten und kein oben mehr, keine Zeit, kein Anfang und kein Ende.« Erfahrung und Darstellung zyklischer Zeit in Philipp Otto Runges "Vier Zeiten". - Christian Scholl: Verräumlichte Arabeske. Zur Inszenierung von Nacht in Karl Friedrich Schinkels erstem Entwurf eines Schlafzimmers für Königin Luise von Preußen. - Sabine Schneider: Der dunkle Sprung. Blindheit als epistemologische, ästhetische und poetologische Reflexionsfigur. - Jan Urbich: Wie in Gedanken stehn. Einige Aspekte der Darstellung der Nacht in Joseph von Eichendorffs Lyrik. - Harald Tausch: Nächtliche Schatten in französischen Lithographien des 19. Jahrhunderts. - Thomas Lange: Nachtsicht der Aufklärung. Überlegungen zu Christian Boltanskis Arbeiten "Menschlich" und "Geist(er)". - Silke Silkeborg: »fabricare necesse est, natura non est«. Aus einem Journalbericht, August 2016. - Verena Krieger: Un-/Verfügbarkeit der Nacht. Zur Visualisierung des nächtlichen Dunkels in der Fotokunst von Hiroshi Sugimoto und Thomas Ruff. - 322 Seiten mit 53 Abb., broschiert (Jenaer Schriften zur Kunstgeschichte und Filmwissenschaft; Band 7/VDG Weimar - Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften 2020) leichte Lagerspuren