
Satzinger, Georg: Michelangelo und die Fassade von San Lorenzo in Florenz
Zur Geschichte der Skulpturenfassade der Renaissance. Redaktion: Julian Kliemann. Der päpstliche Plan einer prachtvoll geschmückten Fassade für San Lorenzo führte 1516 zu einer Reihe von spektakulären Projekten konkurrierender Künstler, darunter Raffael, die paradigmatisch die Möglichkeiten einer bildtragenden Architektur ausloten. Satzinger stellt die Planungen umfassend vor und analysiert sie unter dem Aspekt des Verhältnisses von Architektur und Skulptur. - Der Wunsch des Medici-Papstes Leo X., die traditionell von seiner Familie geförderte Klosterkirche San Lorenzo mit einer prachtvoll geschmückten Fassade zu versehen, brachte 1516 eine Reihe von spektakulären Projekten konkurrierender Künstler, darunter Raffael, hervor, die paradigmatisch die Möglichkeiten einer bildtragenden Architektur ausloten. Schließlich fiel Michelangelo als dem fähigsten Bildhauer der Auftrag und damit die Aufgabe zu, sich zugleich im großen Maßstab als Architekt zu bewähren, bis die Medici 1520 die Arbeiten abbrachen. Die Planungen, die in allen überlieferten Zeugnissen rekonstruiert, mit zahlreichen neuen Ergebnissen interpretiert und umfassend transparent gemacht werden können, sind höchst aufschlussreich für Michelangelos ebenso voraussetzungsreiche wie wegweisende, neue Konzeption einer sich gegenseitig bedingenden Architektur und Skulptur. Leitende Perspektive der kunsthistorischen Analyse ist die Frage nach dem Verhältnis von Architektur und Skulptur als dem zentralen Kriterium der Aufgabenstellung der Fassade und ihres Anspruchsniveaus. Sie bildet die Grundlage für die Untersuchung des kunsthistorischen Horizontes, vor dem die Planungen zu verstehen sind. Die Geschichte der Kirchenfassade im Quattrocento, die Rolle von Skulptur in der Architektur in prominenten Beispielen aus der Antike und des Mittelalters, schließlich die Bedeutung der sogenannten Bildhauerarchitektur im Rahmen primär bildhauerischer Aufgabenstellungen - all das ist zum Verständnis der Fassadenprojekte heranzuziehen. Nur in diesem Spiegel lässt sich die Fassade von San Lorenzo, lassen sich Absichten und Leistungen der beteiligten Künstler und der Auftraggeber angemessen beurteilen. Dass dabei das Interesse an Michelangelo im Vordergrund steht, versteht und legitimiert sich durch Ausmaß und Qualität seines Anteils an den Planungen und durch die Komplexität, die seine Architektur unter der Prämisse der Doppelaufgabe Architektur-Skulptur gewann. Hauptanliegen der vorliegenden Studie ist es, das Verständnis von Michelangelos künstlerischer Ideenwelt weiter voranzutreiben. 208 Seiten mit 60 Farb- und 186 s/w-Abb. auf 93 Tafeln, Großformat, Leinen in Schuber (Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana; Band 34/Hirmer Verlag 2011) leichte Lagerspuren