
Ader, Dorothee: Prosaversionen höfischer Epen in Text und Bild
Zur Rezeption des 'Tristrant' im 15. und 16. Jahrhundert. Die relativ weit verbreiteten Druckauflagen der Prosaversion bilden ein eigenständiges Korpus, das mittelalterliche Erzähltraditionen umformt und neue Typen ästhetischer Erfahrung voraussetzt und bildet. Die funktions- und rezeptionsgeschichtliche Untersuchung analysiert anhand der Augsburger und Wormser Drucke des 15. und 16. Jahrhunderts auf Grundlage konkreter publikumssoziologischer Strukturen die Umgestaltungen von Prosatext und Bildausstattung als Indikatoren für Veränderungen im Rezeptionsverhalten eines potentiellen Publikums. Am Beispiel von Augsburg und Worms ermittelt die Arbeit somit ein exemplarisches Publikum der mittelalterlichen Textgattung höfische Epik in der Frühen Neuzeit und erstellt, darauf aufbauend, anhand der Variablen Text und Bild, eine Rezeptionstheorie. - 'Tristrant und Isalde' - eine tragische Liebesgeschichte, die in einer Prosaversion im 15. und 16. Jahrhundert eine vergleichsweise breite Rezeption im Buchdruck erfuhr. Die Überlieferung der Prosabearbeitung unterscheidet die Druckauflagen gravierend von der handschriftlichen Tradierung der ursprünglichen Verse, was die Forschung bislang mit Untersuchungen zu den Unterschieden von Vers- und Prosaversion honorierte. Darüber hinaus stellen sich allerdings auch die Druckauflagen des Prosatextes keineswegs in gleicher Form dar. Sie unterscheiden sich erheblich in Text und Ausstattung und dokumentieren ein eigenständiges Korpus, das mittelalterliche Erzähltraditionen umformt und neue Typen ästhetischer Erfahrung voraussetzt und bildet. Die überlieferten Auflagen von 'Tristrant und Isalde' in den Augsburger und Wormser Drucken des 15. und 16. Jahrhunderts bilden auf Grundlage konkreter publikumssoziologischer Strukturen den Gegenstand dieser funktions- und rezeptionsgeschichtlichen Untersuchung, welche die Umgestaltungen von Prosatext und Bildausstattung als Indikatoren für Veränderungen im Rezeptionsverhalten eines potentiellen Publikums begreift. Zur Auswertung sind fünf Drucke des 'Tristrant' vorgesehen, deren Auflagen in Prosa und mit Holzschnitten versehen überliefert sind: 'Tristrant und Isalde', Druck Anton Sorg, Augsburg 1484; 'Tristrant und Isalde', Druck Johann Schönsperger, Augsburg 1498; 'Tristrant und Isalde', Druck Hans Zimmermann, Augsburg [um 1550]; 'Tristrant und Isalde', Druck Gregor Hofman, Worms [um 1550]; 'Tristrant und Isalde', Druck Gregor Hofman, Worms [nach 1550]. Die vergleichende Untersuchung der Augsburger und Wormser Auflagen des Tristrant im 15. und 16. Jahrhundert dient der Erfassung von Eigenständigkeiten der Drucker und Setzer, die sich an den Bedürfnissen einer intendierten Käuferschaft orientieren mussten. Die entsprechenden Veränderungen ermöglichen in Zusammenschau mit den publikumssoziologischen Rahmenbedingungen Schlüsse auf die Rezipienten und die zeitgenössische Funktion des Textes. Das Angebot des Druckers ist neben der Textversion durch die Ausstattung des Textes mit Holzschnitten erweitert, die eine wesentliche Komponente des zu verkaufenden Produktes ausmachen. Im Interesse des Druckers liegt die verkaufsfördernde Wirkung der Illustration, die dementsprechend dem Publikumsgeschmack angepasst sein sollte. Spuren des Rezeptionszugangs sind also in der Buchillustration enthalten, ebenso wie die zeitgenössische Interpretation des Textes. 381 Seiten mit 31 Abb. und 44 Tabellen, gebunden (Beiträge zur älteren Literaturgeschichte/Universitätsverlag Winter 2010)