
Oberto, Simona: Poetik und Programmatik der akademischen Lyrik des Cinquecento
Die italienische Lyrik des 16. Jahrhunderts ist maßgeblich dem Diskurs des Petrarkismus verpflichtet. Genauer gesagt, hat sie den sprachlichen und poetologischen Vorgaben Folge zu leisten, die Pietro Bembo in seinen 'Prose della volgar lingua' sowie in seinen 'Rime' gemacht hat. Der Bembismus, wie diese diskursive Ausprägung genannt wird, büßt jedoch im Laufe des Cinquecento zunehmend seine Rechtfertigungsgrundlage ein, und zwar zugunsten von zwei Faktoren, die nicht offiziell von Bembos Programm sanktioniert sind: Erstens der 'dottrina' und zweitens von Dante Alighieri. Um diese Erosionsphänomene nachzuverfolgen, sind die bisher kaum beachteten Anthologien der zahlreichen Renaissance-Akademien ein besonders geeignetes Feld. Anhand der Poetik und des Programms in den 'Rime' von drei unterschiedlichen Institutionen ('Argonauti', 'Occulti' und 'Svegliati') werden Strategien aufgezeigt, durch welche die Akademiker versuchen, den Gegenstandsbereich und die Rehabilitierung Dantes mit dem petrarkistischen Diskurs in Einklang zu bringen - und gleichzeitig brisante Änderungen am Letzteren bewirken. Aus der Einleitung: "Zusammenfassend geht diese Arbeit von der Annahme einer in der akademischen Lyrik betriebenen Desintegration des Petrarkismus in seiner bembesken Ausrichtung aus. Diese verläuft sehr dicht an der Grenze von Konformität und Innovation und deutet Tendenzen an, die im Barock zu voller Entfaltung kommen werden. Die Wechselwirkung von Lyrikpraxis und Dichtungsprogrammatik in den Akademien erlaubt es, diese Dynamiken äußerst plausibel nachzuverfolgen. Dabei steigt der Dichter Dante Alighieri zu einem Paradigma auf, das in Kombination mit dem von Bembo systematisch ausgegrenzten Element der materia Spielräume für eine Verbindung doktrinärer Gegenstände mit dem petrarkistischen Diskurs eröffnet". 397 Seiten mit 5 Tafeln, gebunden (Studia Romanica; Band 204/Universitätsverlag Winter 2016)