
Härtel, Helmar: Das Stundenbuch Herzog Augusts d. J
Hrsg. von der KulturStiftung der Länder (Stiftung Niedersachsen - Land Niedersachsen) in Verbindung mit der Herzog August Bibliothek. Der Band stellt das Stundenbuch [Codex Guelferbytanus 84.2.1 Augusteus 12o], das wohl an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert von einem flämischen Maleratelier in Gent oder Brügge mit Malereien von hoher Qualität ausgestattet wurde, in seinen unterschiedlichen Aspekten in Wort und Bild umfassend vor: Texte, Seiteneinrichtung, Bilder, Bordüren und Rahmenbilder, Maler, Provenienz und Buchgeschichte, Beschreibung der Handschrift nebst Lagenforrmel (Kollation) etc. - Stundenbücher sind Gebetsbücher mit Texten für das Stundengebet. Begründet im 12. Jahrhundert, erlebte die Produktion von Stundenbüchern im 14. und 15. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Zwar klein im Format, da für den täglichen Gebrauch bestimmt, wurden viele dieser Bücher jedoch für ihre adeligen Käufer kostbar ausgestattet und von Malern reich illuminiert. Ein solches Stundenbuch besaß auch eine Herzogin aus dem Hause Lüneburg. Drei Maler hatten das 12,3 cm x 8,7 cm messende und 216 Pergamentblätter umfassende Büchlein mit 61 ganzseitigen Bildern meisterhaft illustriert. Eingangs sind auf 24 Bildern die Monate und die dazugehörigen Sternzeichen dargestellt, wobei die Monate durch die in der jeweiligen Zeit anfallenden Tätigkeiten versinnbildlicht sind. Ein segnender Christus mit der Weltkugel leitet in den Textteil ein, der immer wieder von Szenen aus dem Leben Mariens und Jesu - darunter Verkündigung, Heimsuchung, Geburt Christi, Kreuztragung und Jüngstes Gericht - unterbrochen wird. Des weiteren dargestellt sind Heilige, unter ihnen Stephanus, Laurentius, Katharina und Barbara. Liebevoll ausgeführt sind auch die Streublumenrahmen, mit denen die Seiten eingefaßt wurden, möglicherweise von einem vierten Maler. In buntem Wechsel erscheinen unter anderem Kornblumen, Veilchen, Nelken, Disteln, Rosen und Wicken. Während die Malerei flämische Einflüsse aufweist, geht der niedersächsische, in Braunschweiger Mundart gehaltene Text auf eine niederrheinische, wahrscheinlich Kölner Schreibwerkstatt zurück. Das qualitativ hochstehende Stundenbuch kam aus dem Nachlaß seiner ersten Besitzerin in die berühmte Bibliothek des Herzogs August von Braunschweig-Wolfenbüttel (1579-1666). Nach dessen Tod verschenkt und mehrfach weitergegeben, gelangte es nach Jahrhunderten schließlich in Schweizer Privatbesitz. Dreihundert Jahre nach seiner Ausgliederung ist dieses kostbare Kleinod deutsch-flämischer Buchkunst des Spätmittelalters mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder, der Stiftung Niedersachsen sowie der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel zurückgekehrt. 94 Seiten mit 66 Farb- und 27 s/w-Abb., Großformat, broschiert (Patrimonia; Band 258/Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 2004)
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