
Bauer, Volker: Wurzel, Stamm, Krone: Fürstliche Genealogie in frühneuzeitlichen Druckwerken
Ausstellung der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel (Bibliotheca Augusta: Augusteerhalle, Schatzkammer, Kabinett) vom 1. September 2013 bis zum 23. Februar 2014. Konzeption der Ausstellung und Katalog: Volker Bauer. Gestaltung: Christiane Kasper nach dem Grundlayout von Gudrun Schmidt. - Der Katalog zur Ausstellung dokumentiert nicht nur die intellektuelle Differenziertheit und das darstellerische Raffinement der über 50 Exponate, sondern auch den ästhetischen Reiz, den die Verbindung von Informationsvermittlung und Bildlichkeit ausstrahlt. Zwecke und Anlässe, denen sich die genealogischen Schriften verdanken, geben Aufschluss sowohl über die Rechtfertigung fürstlicher Herrschaft wie auch über die spätere diesbezügliche Kritik. Darüber hinaus verknüpft der Katalog die genealogischen Darstellungen mit der frühneuzeitlichen Herrschafts-, Wissens- und Medienordnung und vertieft so unsere Kenntnisse von der Bedeutung der Dynastien im vormodernen Europa. Die Herrschaftsausübung in Mittelalter und früher Neuzeit war in hohem Maße mit der Abstammung von und der Zugehörigkeit zu einem Fürstenhaus verbunden. Die Verwandtschaftsverhältnisse des Hochadels waren daher von eminenter politischer Brisanz, und dasselbe gilt auch für die damit befasste Wissenschaft der Genealogie. Vom späten 15. bis ins ausgehende 18. Jahrhundert hinein entstand aus diesem Grund eine kaum zu überblickende Menge einschlägiger Drucke, welche die Beziehungen in und zwischen den einzelnen Herrscherhäusern in Textform, als graphisches Schema oder im Bild darstellten. Um die häufig komplizierten Familienverhältnisse auf einer begrenzten Papier- oder Pergamentfläche abzubilden, nutzte die Genealogie ein vertrautes Modell: den Baum in all seinen Variationen, von denen der Stammbaum nur die bekannteste Version ist. - Anliegen des in diesem Katalogband ausgebreiteten Panoramas ist es, die Repräsentationsformen der Genealogie von ihren mittelalterlichen Ausgestaltungen, etwa jener im Evangeliar Heinrichs des Löwen, bis an die Schwelle zur anbrechenden Moderne zu präsentieren und zu kommentieren. Zudem sollen auch der Funktionszusammenhang und die Kontexte erhellt werden, in denen die Genealogien auftauchen und Verwendung finden. Damit verknüpft sind Beobachtungen über die unterschiedlichen Formate, in denen Genealogien und Stammbäume präsentiert werden. - Der Band gliedert sich in drei Hauptteile, die neben den in der Ausstellung gezeigten und im Katalogteil abgebildeten und erläuterten Exponaten weiteres zeitgenössisches Material heranziehen. Zunächst wird unter der Überschrift "Herrschaftsordnung" die Wechselbeziehung von dynastischen Strategien im Rahmen von Fürstenherrschaft und Fürstengesellschaft einerseits und genealogischen Darstellungen andererseits geschildert. Der zweite Teil "Wissensordnung" befasst sich überwiegend mit den alternativen Baummodellen, die zur Organisation genealogischer Daten verwendet wurden. Danach wird unter "Medienordnung" der Status genealogischer Publikationen in unterschiedlichen Produktions- und Rezeptionskontexten behandelt. Diese drei Abschnitte stützen sich auf teilweise identische Quellengrundlagen, und sie sollen auch als eigenständige Textblöcke verständlich bleiben. Schließlich wird ein kurzes Resümee die Ergebnisse zusammenfassen. Der daran anschließende Katalogteil präsentiert und erläutert ausschließlich Exponate. Die Vielgestaltigkeit der Genealogien macht den Katalog nicht nur zu einem Panoptikum fürstlicher Selbstdarstellung der Frühen Neuzeit, sondern die ausführliche Behandlung der einzelnen Exponate führt diese in den Kontext ihrer Entstehung und der mit ihnen verbundenen Interessen zurück. Dabei hilft das in einem Glossar zusammengefasste Begriffsinventar ebenso wie die Bibliographie den heutigen Forschungsstand repräsentiert. 283 Seiten mit 106 meist farbigen Abb., gebunden (Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek; Nr. 97/Herzog August Bibliothek in Kommission bei Harrassowitz Verlag 2013)