
Beutel, Albrecht: Lichtenberg und die Religion
Aspekte einer vielschichtigen Konstellation. Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799), einer der originellsten Köpfe der Aufklärungszeit, hat sich auch mit Fragen der Religion und Theologie durchgängig, freilich zumeist in aphoristisch-rhapsodischer Form, auseinandergesetzt. Dieses Themenfeld wird in dieser Studie umfassend rekonstruiert. Als Quellenbasis dienen nicht allein sämtliche Schriften und Briefe, sondern auch das zuvor ungedruckte Material, unter dem die aus den Jahren 1789-1799 erhaltenen privaten Tagebücher eine besonders wichtige Rolle spielen. Nach einer knappen Rekonstruktion der Erkenntnis- und Sprachtheorie Lichtenbergs bestimmt Albrecht Beutel die Religion bei Lichtenberg in dreifacher Gestalt: Er untersucht zuerst die Präsenz der Religion bei Lichtenberg, d. h. ihre sprachlichen und frömmigkeitspraktischen Erscheinungsformen sowie ihre Säkularisationsgestalten. Anschließend widmet er sich der Frage nach Lichtenbergs Wahrnehmung der Religion in Gestalt verschiedener Religionsparteien und Theologien sowie des Antagonismus von Vernunftreligion und Herzensglaube. Zuletzt beschäftigt er sich mit Lichtenbergs Kritik der Religion, die er, darin auf Feuerbach, Nietzsche, Freud und Wittgenstein vorausdeutend, anhand eines dreifachen, nämlich anthropologisch, entlarvungspsychologisch und sprachlogisch operierenden Argumentationsmusters vollzieht. Diese ganz aus den Quellen geschöpfte Darstellung lässt eine selbständige, kritisch-konstruktive Religionsauffassung Lichtenbergs sichtbar werden. Von trivial-deistischer Vernunftreligion und positionellem Kirchenglauben gleichermaßen geschieden, wird sie hier erstmals als eine hochkomplexe, der Gedankenwelt Lessings durchaus ebenbürtige Auseinandersetzung mit dem Religionsproblem rekonstruiert und gewürdigt. XII,328 Seiten, Leinen (Beiträge zur historischen Theologie; Band 93/Mohr Siebeck 1996) leichte Lagerspuren