Meter, Helmut: Erzählen und implizite Anthropologie
Exemplarische und vergleichende Beiträge zu Novellen der Renaissance. 14 Aufsätze (sechs davon italienisch) widmen sich romanischen Novellen aus Spätmittelalter und Renaissance und sind der übergeordneten Frage nach einem neuen Menschenbild in diesen verpflichtet. Dabei richtet sich das Erkenntnisinteresse auf eine erzählimmanente Anthropologie, deren Konturen zum Teil über den literarischen Vergleich verdeutlicht werden. Da die Renaissance einen Umbruch kultureller Gewissheiten mit sich bringt, erweist sich die narrative Suche nach dem, was den Menschen angesichts seines Denkens und Tuns essentiell ausmachen soll, als zentral. Eine Epoche, die für die Neuorientierung des reflexiven und sinnlichen Zugangs zur Welt steht, kann indes nur bedingt bereits gefestigte Anschauungen neugefasster humaner Identität bereitstellen. Das Erproben unterschiedlicher Ansätze dominiert. Für ein solches Vorgehen ist das Genre der Novelle als ein damals noch relativ offenes sehr geeignet. Boccaccio, Bandello und Marguerite de Navarre bilden den Kern der Betrachtungen. Die Aufsätze sind aus unterschiedlichen Anlässen und in gesonderten Reflexionszusammenhängen zwischen 1993 und 2017 entstanden. Sie weisen dennoch latente Verbindungen untereinander auf, nicht zuletzt im Hinblick auf die philologische und hermeneutische Annäherung an Novellentexte, die unter anderem Fragen nach elementaren Faktoren humanen Selbstverständnisses und den daraus resultierenden Folgen gewidmet sind. Inhaltlich wie sprachlich sind die Aufsätze weitestgehend in der ursprünglichen Form wiedergegeben. Da eine jede Auseinandersetzung mit einem literarischen Text auch von situativen Besonderheiten und einer spezifischen mentalen Disposition mitbestimmt ist, wurden die italienischsprachigen Beiträge nicht ins Deutsche übersetzt. -- Aus dem Inhalt: 1. Einleitung. Im Vorhof der Anthropologie - Menschenbilder in der Renaissancenovelle. - 2. Timonedas 'patraña octava' und der achtundzwanzigste Gesang des "Orlando Furioso". Ein Aspekt des Imports der Renaissancenovelle in Spanien. - 3. Von der Renaissancenovelle zu Elementen einer 'scientia sexualis': Brantômes "Dames galante". - 4. Boccaccio in modernem Gewand. Aldo Busis 'Decamerone. Da un italiano all’altro'. - 5. Die ritualisierte 'beffa'. Boccaccios Calandrino-Novelle. - 6. Le lettere dedicatorie delle novelle di Bandello: ragionamento moralistico e disposizione ricettiva. - 7. Über das Versagen der Vernunft vor den Affekten. Anthropologische Aspekte in zwei Renaissancenovellen (Marguerite de Navarre: 'L’Heptaméron', 23 / Matteo Randello: 'Novelle' II,24). - 8. Imitazione e ideologia. 'La Chastelaine de Vergi' riscritta da Margherita di Navarra e da Bandello. - 9. Gefährdete Hierarchien? Erotik jenseits von Standesgrenzen in den Novellen Matteo Bandellos. - 10. Ripetizione e trasformazione. La novella 'La Fiancée du Roi de Garbe' di La Fontaine e la sua base decameroniana. - 11. «Immediatezza» e «naturalità» nel 'Novellino' di Masuccio Salernitano: la misoginia come esempio. - 12. II denaro e la Fortuna nel 'Decameron'. Su alcune novelle della seconda giornata. - 13. Verso la nascita dell’individuo moderno. Simulazione e dissimulazione nel 'Decameron'. - 14. Wie Frauen der Prozess gemacht wird. Signifikante Rechtsfälle in Bandellos Novellistik. - 271 Seiten, gebunden (Studia Romanica; Band 214/Universitätsverlag Winter 2019)












